Spiritualität

Fenster des Ewigen

Fromme orthodoxe Christen verstehen Ikonen als Fenster, die einen Ausblick in die Spiritualität ermöglichen. Für sie bedeuten Ikonen spirituelle Schnittstellen zwischen den verschiedenen Ebenen der Wirklichkeit. Das Licht hinter diesen Fenstern bestimmt das Leuchten des Seins. Das Sein prägt die Intensität eines Gefühls, der «Vita contemplativa», der Abwendung von weltlichen Dingen. Es geht dabei besonders um innere Bilder, die zwischen Ewigkeit und Unendlichkeit vermutet werden. Deren Klärung erschöpft sich darin, ob sie uns als Spiegel der Außenwelt begegnen oder nicht.

«Der Sitz der Seele ist da, wo sich Innenwelt und Außenwelt berühren.»
Novalis

Der Begriff Spiritualität entstammt dem altgriechischen Wort Psyche, das sich auf Atem, Leben und Seele bezieht. Aus deren Essenz bildete sich der Leib-Seele-Dualismus im Denken und Handeln der abendländischen Kultur bis heute. Mit dem Begriff Spiritualität wird eine Erfahrung des Leuchtens innerhalb eines tiefen Gefühls für das eigene Sein umschrieben. Ein Gefühl, das konkret spürbar wird in der Unterbrechung unaufhörlicher Gedankenschleifen, denen das Denken ausgesetzt ist. Spiritualität ermöglicht Freiheit vom Denkzwang, öffnet eigene Bewusstseinsräume, in denen ich entscheiden kann, ob ich mich dem Gedankenstrom in meinem Kopf ausliefere oder nicht.

Seele und Spiritualität haben eines gemeinsam: Man hat sie nicht als Besitz an einem festen Ort, sondern spürt sie aus persönlichem Erleben und Erfahrungen heraus. «Es ist gleichgültig, was die Welt über religiöse (spirituelle) Erfahrung denkt», schreibt Carl Gustav Jung, «derjenige, der sie hat, besitzt den großen Schatz einer Sache, die ihm zu einer Quelle von Leben, Sinn und Schönheit wurde…»

Spirituelle Erfahrungen entstehen nach dem Verlassen der bekannten Wege «Ich muss», «Ich kann», «Ich möchte» und dem Schritt in einen neuen Weg, der mit «Ich will» beginnt.
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