Heimat existiert als Versprechen darauf, sich an das Vergessen zu erinnern. Heimat scheint dort präsent, wo ich gerade nicht bin und dort gegenwärtig, wo Sehnsüchte erinnernd Orientierung finden.

Heimat am Horizont

Heimat existiert als Versprechen darauf, sich an das Vergessen zu erinnern. Erinnerungen bilden sich wie ein wiedergefundenes Puzzle. Die fehlenden Teile werden ergänzt mit den Versatzstücken wohlmeinender Phantasie.

Vergangene Zeit wird erlebt als private Zeit, die weder Zukunft, Gegenwart oder Ziele kennt.

Heimat und Herkunft leben in verborgenen Bildern, die meine heutige Wirklichkeit nur noch unbemerkt beeinflussen. Veränderungen in Gefühlen, die seit meiner Kindheit unverändert erscheinen, sind nur ungenau zu erkennen. Deswegen ist Heimat so ein ungenaues Etwas in meinem Leben. So ungenau wie meine Gefühle. Heimat scheint dort präsent, wo ich gerade nicht bin und dort gegenwärtig, wo Sehnsüchte erinnernd Orientierung finden.


Heimat erdet mich, mehr geahnt als bewusst, mit den Ursprüngen einer seit Langem vergessenen Lebenszeit. Mir ist bis heute nicht klar, was mich motivierte, moralische Grenzen meiner Heimat, meiner Familie, zu überschreiten. Ich hatte nur den Willen, mein eigenes Leben zu durchreisen.

Heute, in der Zielgeraden meiner Lebenszeit, begegnen mir manchmal Menschen, die nach der alten Heimat suchen. Mit verklärten Erinnerungen über eine Heimat, die es so niemals gab.

Wahrhaftiger könnten Gefühle sein, die von Heimatlosigkeit bestimmt sind. Gefühle, deren Fragen und Antworten, sich auf meine Gegenwart beziehen.

Heimat, die keine Fragen an das Heute stellt, darf getrost in der Abteilung Kitsch und Pathos abgestellt werden.
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